The first 2017 issue of Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte is now out and includes at least one article that may be of interest to H-Madness readers.
Claudia Moisel: Geschichte und Psychoanalyse. Zur Genese der Bindungstheorie von John Bowlby
Die Geschichte der Psychoanalyse sowie psychologisch-psychiatrische Expertendiskurse werden im angloamerikanischen Sprachraum gegenwärtig vielfältig erforscht, auch im Kontext der dezidiert interdisziplinär angelegten und rasch expandierenden „Childhood Studies“. Der Beitrag erläutert diese Zusammenhänge am Beispiel der laufenden Forschung zur Bindungstheorie des renommierten britischen Kinderpsychiaters John Bowlby. Bowlbys einflussreiche Studien über Heimkinder für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) etablieren in den fünfziger Jahren „Mutterentbehrung“ (Deprivation) als zentrale Analysekategorie der frühen Kindheit; sein eingängiges Erklärungsangebot zur Entstehung und Prävention psychischer Probleme entfaltete in der Familienpolitik große Wirkung. Der Beitrag verfolgt darüber hinaus das Ziel, das Verhältnis von Geschichte und den „Psychowissenschaften“ in zweifacher Hinsicht methodisch auszuloten, nämlich zum einen den Konstruktionscharakter psychologischer, psychiatrischer und psychoanalytischer Konzepte sichtbar zu machen, zum anderen Aufmerksamkeit zu generieren für eine Fülle zeithistorischer relevanter Quellen und Literatur, die in diesen Zusammenhängen entstanden ist, aber in der Forschung zu wenig Berücksichtigung findet.